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Umweltrecht

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat am 9. April 2024 auf die Klage Schweizer Seniorinnen hin die Schweiz verurteilt, weil diese die Verpflichtung nicht eingehalten hat, die Bevölkerung vor den schwerwiegenden nachteiligen Auswirkungen des Klimawandels auf Leben und Gesundheit zu schützen (Verstoß gegen Art. 2 und Art. 8).

Mit der Klage wurde gerügt, dass die Schweiz keine geeigneten Gesetze zur Bekämpfung des Klimawandels erlassen habe.

 

Diese Entscheidung ist voraussichtlich weltweit relevant für weitere Klimaklagen gegen Staaten, die nicht oder nur unzureichend Gesetze zur Bekämpfung des Klimawandels erlassen haben.

                  

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In der Bundesrepunblik sieht zum Schutz der Menschen vor unzumutbaren Schäden für die Gesundheit Art. 2 Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz (GG) vor:

"Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit."

 

Weiter ist in Art. 20 a Grundgesetz geregelt:

"Der Staat schützt auch in Verantwortung für zukünftige Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen und die Tiere im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung durch die Gesetzgebung und nach Maßgabe von Gesetz und Recht durch die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung." 

 

Art. 20 a GG beinhaltet ein verfassungsrechtliches Klimaschutzziel !

 

1) Das Bundesverfassungsgericht hatte mit Beschluss vom 24. März 2021 eine denkwürdige Entscheidung zum Klimaschutzgesetz getroffen.  

 

Mehrere Verfassungsbeschwerden gegen das Klimaschutzgesetz waren teilweise erfolgreich.

 

Auszug aus der Pressemitteilung des Bundesverfassungsgerichts

vom 29. April 2021:

 

"Mit Beschluss vom 24. März 2021 hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass die Regelungen des Klimaschutzgesetzes (KSG) vom 12. Dezember 2019 über die nationalen Klimaschutzziele und die bis zum Jahr 2030 zulässigen Jahresemissionen insofern mit Grundrechten unvereinbar sind, als hinreichende Maßgaben für die weitere Emissionsreduktion ab dem Jahr 2031 fehlen.

Im Übrigen wurden die Verfassungsbeschwerden zurückgewiesen.

 

Das Klimaschutzgesetz verpflichtet dazu, die Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2030 um

55 %  gegenüber 1990 zu mindern und legt durch sektorenbezogene Jahresemissionsmengen die bis dahin geltenden Reduktionspfade fest. Zwar kann nicht festgestellt werden, dass der Gesetzgeber mit diesen Bestimmungen gegen seine grundrechtlichen Schutzpflichten, die Beschwerdeführenden vor den Gefahren des Klimawandels zu schützen, oder gegen das Klimaschutzgebot des Art. 20 a GG verstoßen hat. Die zum Teil sehr jungen Beschwerdeführenden sind durch die angegriffenen Bestimmungen aber in ihren Freiheitsrechten verletzt. Die Vorschriften verschieben hohe Emissionsminderungslasten unumkehrbar auf Zeiträume nach 2030. Dass Treibhausgasemissionen gemindert werden müssen, folgt auch aus dem Grundgesetz. Das verfassungsrechtliche Klimaschutzziel des Art. 20 a GG ist dahingehend konkretisiert, den Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur dem sogenannten "Paris - Ziel" entsprechend auf deutlich unter 2 °C und möglichst auf 1, 5 °C gegenüber dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen. Um das zu erreichen, müssen die nach 2030 noch erforderlichen Minderungen dann immer dringender und kurzfristiger erbracht werden. Von diesen künftigen Emissionsminderungspflichten ist praktisch jegliche Freiheit potenziell betroffen, weil noch nahezu alle Bereiche menschlichen Lebens mit der Emission von Treibhausgasen verbunden und damit nach 2030 von drastischen Einschränkungen bedroht sind. Der Gesetzgeber hätte daher zur Wahrung grundrechtlich gesicherter Freiheit Vorkehrungen treffen müssen, um diese hohen Lasten abzumildern. Zu dem danach gebotenen rechtzeitigen Übergang zu Klimaneutralität reichen die gesetzlichen Maßgaben für die Fortschreibung des Reduktionspfads der Treibhausgasemissionen ab dem Jahr 2031 nicht aus. Der Gesetzgeber ist verpflichtet, die Fortschreibung der Minderungsziele der Treibhausgasemissionen für Zeiträume nach 2020 bis zum 31. Dezember 2022 näher zu regeln."    

 

2) Europa - und weltweit wird die Rechtsprechung gegenüber ÖL - Konzernen "bissiger".

Ein Bezirksgericht im niederländischen Den Haag, dem Sitz der Hauptverwaltung des britisch -  niederländischen Ölkonzerns Royal Dutch Shell, hat am 26.5.2021 entschieden, dass Shell seine Kohlendioxid - Emissionen bis 2030 um fast die Hälfte senken muss. Damit hat zum ersten Mal ein Richter einem milliardenschweren umweltverschmutzenden Unternehmen befohlen, das Pariser Klimaabkommen einzuhalten. Die Verpflichtung zum Klimaschutz gilt nicht nur für den Konzern, sondern auch für Zulieferer.

 

3. Die Verpflichtung des deutschen Staates, Menschen vor unzumutbaren Schäden für die Gesundheit zu schützen, ist auch relevant betr. Schadstoffbelastung der Bürger durch den Straßenverkehr in Ballungszentren. 

 

Das Bundesverwaltungsgericht hat dazu mit Urteil vom 27.2.2018 - 7 C 26.16 - entschieden: 

 

Erweisen sich Verkehrsverbote für Diesel - Kraftfahrzeuge als die einzig geeignete Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung überschrittener NO - Grenzwerte, so sind diese - unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit - in Betracht zu ziehen. Dieses folgt aus der unionsrechtlichen Verpflichtung zur schnellstmöglichen Einhaltung der NO - Grenzwerte.                                      Damit hat das Gericht unter bestimmten Voraussetzungen Fahrverbote für Diesel - Fahrzeuge erlaubt. Unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit ist hinsichtlich der Umweltzone Stuttgart eine phasenweise Einführung von Verkehrsverboten, die in einer ersten Stufe nur ältere Fahrzeuge (etwa bis zur Abgasnorm Euro 4) betrifft, zu prüfen. Zur Herstellung der Verhältnismäßigkeit dürfen Euro - 5 -Fahrzeuge jedenfalls nicht vor dem 1. September 2019 mit Verkehrsverboten belegt werden. Darüber hinaus bedarf es hinreichender Ausnahmen, z.B. für Handwerker oder bestimmte Anwohnergruppen.

 

Hintergrund dieser Entscheidung sind EU - Vorgaben, die bereits seit einiger Zeit nicht eingehalten werden.

 

Es gibt zur Zeit 55 Umweltzonen. Dieses ist nicht ausreichend, da momentan in rund 60 Städten

die Stickstoffdioxid - Grenzwerte überschritten werden.

 

Die Umweltzonen sind in den vergangenen Jahren nicht freiwillig staatlicherseits eingerichtet worden, sondern die Behörden waren dazu gesetzlich verpflichtet.

 

Die EU hatte bereits 1996, um den Gesundheitsgefahren durch Luftschadstoffe, wozu v.a. Feinstaub und Stickstoffdioxid gehören, entgegen zu wirken, die Luftqualitäts - Rahmenrichtlinien verabschiedet, die im September 2002 durch die Novellierung des Bundesimmissionsschutzgesetzes (BImSchG) und zunächst mit der 22. Bundes - Immissionsschutzverordnung, dann 2010 mit der       

39. Bundesimmissionsschutzverordnung in deutsches Recht umgesetzt wurden.

 

Danach müssen sowohl Grenzwerte für Feinstaub als auch für Stickoxide eingehalten werden. Feinstaub und Stickoxide können zu gefährlichen Atemwegserkrankungen führen. 

 

Die Bundesländer wurden verpflichtet, für Gebiete mit Überschreitungen der Immissionsgrenzwerte sog. Luftreinhalte - / Aktionspläne zu erstellen.

 

Eine der Maßnahmen zu diesen Plänen ist die Einführung von Umweltzonen.

 

Nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 25.7.2008 haben betroffene Bürger im Fall von Grenzwertüberschreitungen einen einklagbaren Anspruch auf die Erstellung und inhaltliche Kontrolle eines Aktionsplans, aber keinen Anspruch auf eine absolute Einhaltung von Grenzwerten.

 

Das Bundesverwaltungsgericht stellte in seinem Urteil vom 29.3.2007 - Az. 7 C 9/ 06 - fest, dass Anwohner - solange kein Aktionsplan aufgestellt ist - vor gesundheitlichen Belastungen durch planungsunabhängige Maßnahmen geschützt werden müssen.                                    

Dazu kommen auch zeitlich befristete und örtlich begrenzte Fahrverbote in Betracht.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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