Patientenrecht
Wichtige Änderung gegenüber früheren Rechtslage betr. Herausgabe der Patientenakte:
Der Europäische Gerichtshof hat mit Urteil vom 26.10.2023 Az. C - 307/22 entschieden, dass die
erste Kopie der Patientenakte kostenlos ist.
Daher darf, wie es manchmal noch versucht wird, der Arzt / Ärztin bzw. die Klinik für die Anfertigung der ersten Kopie der ärztlichen Dokumentation (heute fast immer auf CD) incl. aller Bildaufnahmen wie Röntgen - und MRT keine Gebühren berechnen.
Wichtige Änderung bei Krankenkassenleistungen:
Das Kardio - CT ist inzwischen eine Krankenkassenleistung (im Leistunngskatalog der Krankenkassen enthalten). Bei Verdacht auf das Vorliegen einer koronaren Herzkrankheit (KHK) müssen Patienten diese Leistung nicht mehr selbst zahlen (Kosten ca. 500 €).
Ein Kardio - CT vermeidet eine invasive Herzkatheter - Untersuchung. Das Kardio - CT kann alle Herzkranzgefäße und deren krankhafte Veränderungen in Form von Verengung (Stenosen) und Plaques in ausreichend guter Qualität abbilden. Laut Deutscher Herzstiftung leiden rund fünf Millionen Deutsche an einer KHK, mehr als 121.000 Menschen sterben daran pro Jahr, davon mehr als 45.000 an akutem Infarkt.
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Es besteht langjährige Erfahrung in der Vertretung von Patienten. In den meisten Fällen konnten außergerichtliche Vergleiche mit angemessenen Schadensersatzbeträgen für die Patienten abgeschlossen werden.
Es besteht Erfahrung in der Prüfung unterschiedlichster medizinischer Sachverhalte.
Bearbeitet wurden u.a. Fälle aus den Bereichen
Kardiologie (nicht erkannte Herzerkrankungen mit Todesfolge)
Neurologie (Schlaganfall bzw. TIA = Transitorische - Ischämische Attacke)
Pneumologie (Fehldiagnose Lungenkarzinom)
Pädiatrie (Verdacht auf Geburtsschaden eines frühgeborenen Kindes)
Orthopädie (fehlerhafte Bandscheibenoperation, grob fehlerhafte Hüftoperation)
Sozialpsychiatrie (Unterbringung / Zwangseinweisung / Betreuung)
Pflege (grob fehlerhaft verursachter Dekubitus)
Krebsbehandlung (nicht erkannter Brustkrebs, Fehldiagnose Lungenkarzinom
sowie Zahnmedizin (insbesondere Prothetikfälle).
Grundlage der anwaltlichen Überprüfung ist die ärztliche Dokumentation.
Diese ist meistens sehr umfangreich. Es ist Erfahrung nötig, um diese richtig "lesen" und Wichtiges von Unwichtigem unterscheiden zu können. Zu dokumentieren sind die wichtigsten diagnostischen Maßnahmen (Befunderhebungen und Kontrolluntersuchungen z.B. mittels Röntgenaufnahmen, CT, MRT und Sonographie) und therapeutischen Maßnahmen sowie Verlaufsdaten (Aufklärung, Operationsbericht, Narkoseprotokoll, Zwischenfälle, Wechsel des Operateurs in der Operation, Anfängerkontrolle, Intensivpflege, Verlassen des Krankenhauses gegen ärztlichen Rat).
Je komplizierter der Eingriff, desto höher sind die Anforderungen an die Genauigkeit seiner Dokumentation.
Werden solche Maßnahmen nicht dokumentiert, wird rechtlich davon ausgegangen, dass diese überhaupt nicht durchgeführt wurden. Von besonderem anwaltlichen Interesse ist es immer, wenn bestimmte medizinische Dokumente, wie z.B. ein Obduktionsbericht, CT - Bilder und Befunde, nicht oder erst sehr spät herausgegeben werden. Hier bewahrheitet sich häufig der Verdacht, dass ärztlicherseits etwas "verschleiert" werden sollte.
Es kommt auch vor, dass ärztliche Dokumente gefälscht werden. Da es schwierig ist, die Fälschung stimmig in der gesamten Dokumentation durchzuhalten, lassen sich Manipulationen z.B. durch einen Vergleich von Dokumenten erkennen, die widersprüchliche Angaben enthalten. .
Zwischen Tatsachen und deren Interpretation ist zu unterscheiden. So beinhaltet z.B. ein Röntgenbild genaue Daten (es ist sozusagen unbestechlich), während der Röntgenbefund diese Informationen (nur) interpretiert und bewertet. Ein medizinischer Sachverständiger wird möglicherweise das Bild anders beurteilen und interpretieren als die Behandlungsseite. Ein Röntgenbefund ist daher ohne das dazugehörige Röntgenbild nicht aussagekräftig.
Nach weitesgehender Sachverhaltsaufklärung überprüfe ich anhand medizinischer Leitlinen, Literatur und Veröffentlichungen, ob die ärztlichen Behandlungsregeln eingehalten wurden, Befunderhebungsfehler oder sogar grobe Behandluingsfehler vorliegen. In vielen Fällen wird die Einholung eines medizinischen Gutachtens erforderlich sein. Weiter werden Gerichtsentscheidungen recherchiert, die zu ähnlich gelagerten Fällen ergangen sind.
Zur Prüfung der meisten medizinischen Sachverhalte werden Sachverständige beigezogen.. Wenige Fälle sind so einfach gelagert, dass sie auch auf Anhieb von Nichtmedizinern beurteilt werden können (z.B. Verwechslungsfälle, bei denen das verkehrte Körperteil behandelt wurde).
In ärztlichen "Kunstfehlerprozessen" sind Sachverständigengutachten in den meisten Fällen ausschlaggebend für den Ausgang des Rechtsstreits, diese müssen daher besonders kritisch geprüft werden.
Versicherungen versuchen häufig, gerade bei Rechtsstreitigkeiten mit höherem Streitwert, auf Zeit zu spielen (Zeit = Geld) und bieten anfangs relativ geringe Vergleichsbeträge an. Sie legen Geld in Höhe des Prozessrisikos hoch verzinslich an und finanzieren mit den aufgelaufenen Zinsen zumindest einen Teil der späteren Haftungssumme. Die Taktik von Versicherungen, es auch auf Klagen ankommen zu lassen, kann für diese aber zum "Eigentor" werden, wenn der letztendlich gerichtlich zuerkannte Schadensersatzbetrag weitaus höher ist als der Vergleichsbetrag, den der Patient außergerichtlich bereit gewesen wäre, zu akzeptieren.
Manche Versicherungen spekulieren darauf, dass geschädigte Patienten nicht (mehr) in der Lage sind, auch noch einen Prozess gesundheitlich und finanziell durchzustehen und betreiben eine "Aushungerungstaktik". Bei Beharrungsvermögen der Patientenseite sind aber die letztendlich erreichbaren Schadensersatzbeträge meist sehr viel höher als die zunächst angebotenen Vergleichsbeträge. Dieses wird besonders deutlich in einem von der Kanzlei bearbeiteten Zahnprothetikfall. Hier hatte die Versicherung zunächst nur 6.000 € angeboten, letztendlich wurden 33.000 € gezahlt.
Nach der Rechtsprechung sind Haftpflichtversicherer verpflichtet, die Schadensregulierung von sich aus zu fördern und angemessene Abschlagszahlungen zu leisten, sobald ihre Einstandspflicht bei verständig - lebensnaher, objektiver Betrachtungsweise erkennbar wird.
Verstoßen sie hiergegen unter Verletzung von Treu und Glauben in der Weise, dass dies auf den Geschädigten als ein Zermürbungsversuch wirken kann, so sind die Gerichte nach Gesetz und Verfassung dazu verpflichtet, einem Mißbrauch wirtschaftlicher Macht dadurch entgegen zu wirken, dass sie dem Geschädigten als Genugtuung ein erhöhtes Schmerzensgeld zusprechen. Bei der Bemessung von Schmerzensgeld sind u.a. die Langwierigkeit des Verfahrens, die verständlichen Existenzängste des Klägers und die teilweise diskreditierenden Beweisanträge bei den psychischen Auswirkungen des Klägers zu berücksichtigen.
Umkehr der Beweislast zugunsten des Patienten
Bei einem einfachen Behandlungsfehler ist der Patient auch beweispflichtig dafür, dass der Fehler ursächlich (kausal) für den Gesundheitsschaden war. Eine solche Ursächlichkeit ist häufig schwerer zu beweisen als der Behandlungsfehler selbst.
In bestimmten Fällen können aber dem Patienten Beweiserleichterungen bis hin zur Umkehr der Beweislast helfen. Dieses betrifft insbesondere die Fälle, in denen ein
a) grober Behandlungsfehler oder ein
b) Befunderhebungsfehler (Unterlassung gebotener Diagnostik) vorliegt.
a) Ein grober Behandlungsfehler ist gegeben, wenn der Arzt gegen bewährte medizinische Erkenntnisse und ärztliche Behandlungsregeln verstoßen hat und ein Fehler vorliegt, der aus objektiver Sicht nicht mehr verständlich erscheint.
Ein solch grober Behandlungsfehler, der geeignet ist, einen Schaden der tatsächlich eingetretenen Art herbeizuführen, führt grundsätzlich zu einer Umkehr der Beweislast für den ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Behandlungsfehler und dem Gesundheitsschaden.
Beispiel: Hüftoperationsfall
b) Auch eine fehlerhafte Unterlasssung der medizinisch gebotenen Befunderhebung (Diagnostik) führt zu einer Umkehr der Beweislast hinsichtlich der Kausalität des Behandlungsfehlers für den eingetretenen Schaden, wenn sich bei der gebotenen Befunderhebung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit (mehr als 50 %) ein reaktionspflichtiges Befundergebnis gezeigt hätte und wenn sich die Verkennung dieses Befundes als fundamental oder die Nichtreaktion hierauf als grob fehlerhaft darstellen würde.
Beispiel: Brustkrebsfall
Die Frage, ob ein einfacher, ein grober Behandlungsfehler oder ein Befunderhebungsfehler vorliegt, darf in der Regel nicht vom Gericht selbst entschieden werden, sondern muss von einem Gutachter geklärt werden.
Da sich viele Fälle an dieser Stelle entscheiden, ist hier besondere anwaltliche Sorgfalt bei der Überprüfung der gutachterlichen Aussage geboten..
Weiter kann eine fehlerhafte oder unzureichende ärztliche Dokumentation zu Beweiserleichterungen für den Patienten bis hin zur Beweislastumkehr führen. Ärzte sind verpflichtet, die wesentlichen diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen zu dokumentieren. Grundsätzlich ist bei einer unzulänglichen oder unrichtigen Dokumentation der für die Diagnose und Therapie wesentlichen medizinischen Fakten zu vermuten, dass der Arzt eine nichtdokumentierte Maßnahme auch nicht durchgeführt hat.
Vor Operationen ist es häufig empfehlenswert, eine Zweitmeinung einzuholen.
Viele Operationen, z.B. an der Bandscheibe, sind überflüssig.
Wenn ein Schaden aufgetreten ist, ist zunächst die ärztliche Dokumentation anzufordern.
Patienten haben Anspruch auf Herausgabe von Kopien der Dokumentation.
Sobald die ärztliche Dokumentation vorliegt, gibt es verschiedene Möglichkeiten:
Einholung eines Gutachtens durch den Medizinischen Dienst der Krankenkasse (MdK)
Einholung eines Privatgutachtens
Vergleichsverhandlungen mit der ärztlichen Haftpflichtversicherung
Einschaltung von ärztlichen - oder zahnärztlichen Schlichtungsstellen
Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens. Ich halte ein solches Verfahren in vielen Arzthaftungssachen für besonders effizient - siehe Zahnprothetikfall